Die Geschichte der Kirchengemeinde Kücknitz
Die Kirchengemeinde Kücknitz umfasst die Ortschaften Kücknitz, Herrenwyk, Siems, Dänischburg, Waldhusen, Dummersdorf und Pöppendorf. Diese Dörfer gehörten ursprünglich zum Besitz des St.-Johannis-Klosters in Lübeck. Ihre Einwohner wurden aber kirchlich vom Kirchspiel Ratekau betreut.
Nachdem im November 1904 das Hochofenwerk gegründet worden war und sich weitere Industriebetriebe ansiedelten, wuchs die Bevölkerung in dem einst beschaulichen und ländlich geprägten Travewinkel schnell an. Zur kirchlichen Versorgung der neu hinzugezogenen Fabrikarbeiter wurde zunächst die Schulbaracke in Kücknitz genutzt.
Grundsteinlegung der St.-Johannes-Kirche
Am 21. Januar 1908 beschloss der Lübecker Kirchenrat nach Verhandlungen mit der großherzoglichen oldenburgischen Verwaltung die Bildung einer Kirchengemeinde in Kücknitz, die schließlich am 17. Juni 1908 als eigenständige Kirchengemeinde gegründet wurde. Am 26. November 1909 erfolgte die Grundsteinlegung für den Bau der Kirche, die in Erinnerung an die frühere Zugehörigkeit zum St.-Johannis-Kloster den Namen St. Johannes bekam. Der Entwurf für den Bau im damals beliebten Heimatschutzstil stammt von Baurat Carl Mühlenpfordt. Das St.-Annen-Museum überließ der Kirchengemeinde ein mittelalterliches Kruzifix für die Altarwand. Weitere Ausstattungsstücke wie die Kronleuchter, Altarbilder und Abendmahlsgeschirr sind Geschenke führender Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik aus Kücknitz.
Auf dem von der St.-Johannes-Gemeinde betreuten Gebiet entstanden gegen Ende des Zweiten Weltkrieges Flüchtlingsdurchgangslager. Zu ihrer seelsorgerlichen Versorgung wurde 1948 eine zweite Pfarrstelle eingerichtet, die die Ortsteile Siems, Rangenberg und Dänischburg, umfasste. Aus dieser Pfarrstelle entstand am 1. April 1951 die selbständige Kirchengemeinde St. Michael. Am 20. Mai 1951 wurde der Grundstein für die St.-Michael-Kirche gelegt, die schon vier Monate später, am Michaelis-Tag (29. September) 1951 geweiht wurde. 1965 wurde ein zweiter Pfarrbezirk eingerichtet, der mit der Pauluskapelle in Dänischburg einen eigenen Mittelpunkt erhielt.
Als Ende der 50er Jahre nach der Auflösung der Flüchtlingslager die Siedlung Roter Hahn entstand, wurde zur kirchlichen Versorgung der Bewohner dieses Stadtteils eine weitere Pfarrstelle an St. Johannes eingerichtet. Am 3. Februar 1964 wurde der Pfarrbezirk St. Johannes III zur selbständigen Kirchengemeinde Dreifaltigkeit erklärt. Mit dem Bau des Gemeindehauses, zweier Pastorate und der Kirche erhielt die Dreifaltigkeitsgemeinde ihr kirchliches Zentrum. 1965 kam noch die Kindertagesstätte in der Tannenbergstraße hinzu. Die Dreifaltigkeitskirche wurde am 28. Februar 1965 eingeweiht. Das räumliche Grundprinzip der Dreifaltigkeitskirche ist das Dreieck als Symbol der göttlichen Trinität.
Zusammenschluss der vier Gottesdienststätten zur Kirchengemeinde Kücknitz
Aufgrund des Rückgangs der Gemeindegliederzahl vor allem infolge des Niedergangs der Industrie in den 80er und 90er Jahren schlossen sich die Gemeinden St. Johannes, Dreifaltigkeit und St. Michael mit St. Paulus zum 1. Januar 1998 zur Kirchengemeinde Kücknitz zusammen. 2007 beschloss der Kirchenvorstand die Schließung und den Verkauf der mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden St.-Michael-Kirche sowie des dazu gehörigen Gemeindezentrums. Die Kirche wurde 2009 an einen privaten Eigentümer verkauft, der in dem Gebäude eine Kerzenmanufaktur betreibt.
Eine Folge der Entwicklung der Kirchengemeinde Kücknitz aus drei einstmals selbständigen Kirchengemeinden mit ihren insgesamt vier Gottesdienststätten ist ein reges und vielfältiges Gemeindeleben, das alle Altersgruppen umfasst und anspricht. Mit dem 2012 fertiggestellten Gemeindezentrum „Alte Post“ unweit der St.-Johannes-Kirche ist ein neuer Mittelpunkt für die Gemeindearbeit entstanden. Für den großen Stellenwert der Kinderarbeit spricht, dass es in der Kirchengemeinde fünf Kindertagesstätten gibt, nämlich Dreifaltigkeit, St. Michael, St. Paulus, das „Haus in der Sonne“ im Lindenweg und Kita St. Johannes. Im Rahmen der offenen Seniorenarbeit betreibt die Kirchengemeinde eine Seniorenbegegnungsstätte . Einen großen Raum im Gemeindeleben nimmt außerdem die seit Jahrzehnten gewachsene kirchenmusikalische Arbeit ein.
Dieser Text ist ein verkürzter Auszug aus dem Bildband „Salz der Erde – Licht der Welt – Evangelisch-Lutherische Kirche zwischen Trave und Elbe“ mit Texten von Dr. Claudia Tanck und Fotografien von Manfred Maronde. Das Buch ist 2016 im Hinstorff-Verlag in Rostock erschienen und kann zum Preis von € 29,99 in den Kirchenkreisverwaltungen in Lübeck und Ratzeburg sowie im örtlichen Buchhandel bezogen werden.