Die Geschichte der Kirchengemeinde Seedorf Mustin
Zum 1. April 2023 fusionierten die Kirchengemeinden Seedorf und Mustin zur Ev.-Luth. Kirchengemeinde Seedorf Mustin. Beide Kirchengemeinden blicken auf eine lange Geschichte zurück und wurden urkundlich erstmalig 1194 in einer Urkunde über die Güterteilung zwischen dem Ratzeburger Bischof und dem Domkapitel erwähnt.
Außer den beiden Kirchdörfern gehören zur Kirchengemeinde Seedorf-Mustin die Dörfer Seedorf und Klein Zecher mit Marienstedt sowie die Salemer Ortsteile Dargow und Bresahn (Bereich Seedorf) und Kittlitz (Bereich Mustin). Ursprünglich war das Kirchspiel Mustin größer als heute und umfasste bis 1945 auch die Dörfer Dechow, Dutzow, Groß Thurow, Klein Thurow und das 1976 zerstörte Lankow. Während Dutzow schon immer auf Mecklenburger Gebiet lag, gehörten die übrigen Dörfer zum Kreis Herzogtum Lauenburg. Als die im Mai 1945 gezogene Demarkationslinie zwischen der britischen und der sowjetischen Besatzungszone am 13. November 1945 durch das Barber-Lyaschenko-Abkommen korrigiert wurde, fielen auch die östlich dieser Linie liegenden Lauenburgischen Dörfer in die sowjetisch besetzte Zone. Damit verlor Mustin faktisch fast der Hälfte ihres Gemeindegebietes. Auf Grund der immer durchlässiger werdenden innerdeutschen Grenze wurden diese Dörfer in der Praxis von der mecklenburgischen Kirchengemeinde Roggendorf versorgt und wurden nach der Wiedervereinigung auch offiziell an die damalige Mecklenburgische Landeskirche abgegeben.
Auf Grund des reduzierten Gemeindegebiets und allgemein rückläufiger Gemeindegliederzahlen kooperierten die Kirchengemeinden Seedorf und Mustin bereits seit 2002, indem sie sich eine Pastorenstelle und eine Gemeindesekretärin teilten, und auch der Kindergarten in Mustin steht Seedorfer Familien offen.
Die St. Clemens-und-St.-Katharinen-Kirche in Seedorf
Die St.-Clemens-und-St.-Katharina-Kirche wurde um die Mitte des 13. Jahrhunderts als einschiffiger Backsteinbau mit eingezogenem Kastenchor errichtet. Das ursprüngliche Gewölbe im Schiff wurde um 1400 durch das jetzige Kreuzrippengewölbe ersetzt. Im unverändert gebliebenen Chorgewölbe ist in der Ostkappe noch die Ausmalung aus der Anfangszeit der Kirche erhalten. Dargestellt ist die Deesis, das heißt die Darstellung vom segnenden Christus, der zwischen Maria und Johannes als Fürbitter thront. Diese Wandmalereien im Stil der byzantinischen Konturenmalerei unter sächsischem Einfluss gehören zu den ältesten ihrer Art in Schleswig-Holstein. Im 14. Jahrhundert wurde die Darstellung so verändert, dass die ursprünglichen Bildnisse von Maria und Johannes übermalt und durch zwei größere Figuren an den Rändern ersetzt wurden. Bemerkenswert ist auch eine um 1400 entstandene Teufelsdarstellung, die möglicherweise Bezug zu den im Schaalseegebiet verbreiteten Teufelssagen nimmt.
Die Maria-Magdalenen-Kirche in Mustin
Schon im 12. Jahrhundert wird eine Kirche in Mustin vorhanden gewesen sein, von der aber nichts bekannt ist. Die heutige Maria-Magdalenen-Kirche wurde Anfang des 13. Jahrhunderts im romanisch-gotischen Übergangsstil als einschiffiger Raum mit eingezogenem Kastenchor in der Tradition der ostholsteinischen Feldsteinkirchen gebaut. Der älteste Teil der Kirche ist der Chor, der im vorderen Teil noch bis zum Dach aus Feldsteinen errichtet wurde. Auch das Kirchenschiff ist ursprünglich als Feldsteinbau konzipiert gewesen, wurde aber ebenfalls ab der Höhe der Fenster in Backstein zu Ende gebaut. Die spätromanischen Kreuzrippengewölbe, von denen noch Vorlagen in den Westecken und an den Wänden erhalten sind, wurden jedoch 1860 durch eine Balkendecke ersetzt. In diesem Jahr erhielt die Kirche auch die Stützpfeiler. Der hölzerne Glockenturm wurde im 18. Jahrhundert errichtet.
Im Kirchenschiff zeugen die sechs Medaillons mit Heiligendarstellungen im Chor und die Kreuzigungsszene im Chorjoch von der gotischen Ausmalung. Ansonsten stammt die Ausstattung der Kirche aus jüngerer Zeit. Die Kreuzesgruppe mit ihren unterlebensgroßen Figuren aus Eichenholz ist ein Werk des späten 15. Jahrhunderts. Von dem um 1680 geschaffenen Altaraufsatz sind noch zwei Bilder vorhanden, die heute an der Südwand hängen. Auch die Kanzel stammt aus der Zeit und wurde der Kirche 1682 von dem damaligen Pastor H. Abraham Müller geschenkt. 1975 erhielt sie einen Schalldeckel nach altem Muster.
Innenausstattung der Kirche
Von den Ausstattungsstücken ist der 1964 von dem Bildhauer Max Schegulla geschaffene Altar erwähnenswert. Der Altaraufsatz orientiert sich in Form sowie Material und Ausführung an einen gotischen Flügelaltar. Auf dem Mittelbild ist Christus als Sämann und guter Hirte dargestellt, die Seitenflügel zeigen links ebenfalls Christus als Sämann, wobei er mit der durchbohrten Hand als Auferstandener gekennzeichnet ist, und rechts Christus, der Petrus aus den Fluten rettet und im Hintergrund die Stadt Jerusalem mit den Kreuzen von Golgatha. Auf der Predella ist die Kirche als Schiff im Meer der Zeit abgebildet. Die Außenseiten der Flügel sind mit einer Pieta geschmückt. Jüngstes Kunstwerk ist das Kruzifix, das 1979 von Hermann Knippel aus Bad Nauheim-Wisselsheim aus jahrhundertealtem Eichenholz, das von der Wildscheune in Groß Zecher stammt, geschnitzt wurde. An die Patronatsfamilie von Witzendorff erinnert ein Epitaph aus dem Jahr 1617.
Dieser Text ist ein verkürzter Auszug aus dem Bildband „Salz der Erde – Licht der Welt – Evangelisch-Lutherische Kirche zwischen Trave und Elbe“ mit Texten von Dr. Claudia Tanck und Fotografien von Manfred Maronde. Das Buch ist 2016 im Hinstorff-Verlag in Rostock erschienen und kann zum Preis von € 29,99 in den Kirchenkreisverwaltungen in Lübeck und Ratzeburg sowie im örtlichen Buchhandel bezogen werden.