Lübeck. Die Kirchengemeinden in Lübeck und im Herzogtum Lauenburg stehen vor großen Herausforderungen. Der demographische Wandel, sinkende Mitgliederzahlen und Kirchensteuer-Zuweisungen machen Veränderungen notwendig. Bereits 2013 hatte die Synode des Kirchenkreises beschlossen, dass alle Gemeinden tragfähige Konzepte für die Zukunft erarbeiten sollen.
Neues Gebäudekonzept in St. Jürgen
In der Kirchengemeinde in St. Jürgen in Lübeck war früh damit begonnen worden, sich dieser schwierigen Aufgabe zu stellen. Jetzt liegt ein mögliches Konzept vor, über das im Rahmen einer zweiten Informations-Veranstaltung in der Kreuz-Kirche (17. November 2022) mit rund hundert Gemeindemitgliedern diskutiert worden ist.
Info-Abend in der Kreuz-Kirche in Lübeck
„In zehn Jahren wird die Gebäudestruktur in den meisten Kirchengemeinden in Lübeck und im Herzogtum Lauenburg eine andere sein als heute“, betonte Lübecks Pröpstin Petra Kallies. Für die Vorsitzende des Kirchenkreisrats müssten sich die Gemeinden der Tatsache stellen, dass die Kirchensteuern nicht mehr ausreichen würden, um den Betrieb und Erhalt aller Standorte zu finanzieren.
Trauer, Unverständnis und auch Wut
In dem Gebäudekonzept, das der Kirchengemeinderat in St. Jürgen in den vergangenen Jahren erarbeitet hat, wird die Schließung der beiden Standorte St. Augustinus und Kreuz angestrebt. Ein Vorhaben, das vor allem in den betroffenen Bezirken für Trauer und auch für Unverständnis und Wut gesorgt hat.
"Alle müssen an Gebäudekonzepten arbeiten"
Pröpstin Petra Kallies betonte, dass sie großes Verständnis für die hohe Emotionalität in der Kirchengemeinde habe. „Letztlich stehen aber alle vor dieser Entscheidung“, sagte die Seelsorgerin. Einige Kirchengemeinden hätten diesen Prozess bereits angeschoben und zum Teil auch schon umgesetzt - wie beispielsweise in Kücknitz, in Mölln, Börnsen oder Lauenburg/Elbe. „Alle müssen an den Gebäudekonzepten arbeiten und ihren Immobilienbestand reduzieren“, so Petra Kallies. Sie selbst oder der Kirchenkreis habe auf diese Entscheidungen keinen Einfluss. „Die Gemeinden sind eigenständig, treffen eigenständige Beschlüsse. Der Kirchenkreis kann, will und wird keine Pläne vorgeben- und es gibt auch keine Liste, welche Standorte zur Diskussion stehen.“
Immer weniger finanzieller Spielraum
Beke Jacobs und Carsten Löbbert erläuterten bei der Informations-Veranstaltung noch einmal das vom Kirchengemeinderat (KGR) in St. Jürgen erarbeitete Gebäudekonzept. Die beiden ehrenamtlichen KGR-Mitglieder verwiesen dabei auch auf die rückläufige Entwicklung der Einnahmen durch Kirchensteuer-Zuweisungen auf der einen und den Personalkosten auf der anderen Seite. Binnen fünf Jahren schrumpfte der finanzielle Spielraum der Gemeinde um zwei Drittel zusammen.
Eine Entwicklung, die nach Einschätzung der Pröpstin in nahezu allen Kirchengemeinden zu beobachten sei. "Wenn man einfach so weiter machen würde, müssen wir Personal entlassen. Abgesehen davon, dass das gar nicht so einfach ist, wäre das auch unsinnig“, betonte Petra Kallies. „In letzter Konsequenz stellt sich doch die Frage: Wollen wir in Menschen oder Steine investieren?"
Gemeinde möchte früher eingebunden werden
Wie vor einigen Wochen in St. Augustinus beklagten auch Besuchende in der Kreuz-Kirche die Informationspolitik und wünschten sich, dass die Gemeindemitglieder frühzeitiger in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Den Vorwurf, dass ehrenamtlichen Entscheidungsträgern ein „Maulkorb“ verpasst worden sei, wies Heiko von Kiedrowski, Pastor in der Gemeinde in St. Jürgen, mit Nachdruck zurück. „Es gab und gibt in dem Verfahren eine Vielzahl von Gesichtspunkten, die zu berücksichtigen sind. Unser Ziel war es, ein Konzept vorzulegen, das rechtlich machbar wäre.“
"Miteinander anstatt gegeneinander"
Eindringlich appellierten Beke Jacobs und Carsten Löbbert an die Teilnehmenden, sich im Stadtteil fortan stärker als eine Gemeinde zu identifizieren. „Wir sind die Kirchengemeinde in St. Jürgen - nicht St. Augustinus, Kreuz, St. Jürgen, St. Lukas oder St. Martin. Dieses Konkurrenzdenken führt in die falsche Richtung.“ Ziel sei es, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten.