Märtyrergedenken

Am 10. November 1943 wurden die katholischen Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller zusammen mit dem evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink von den Nationalsozialisten hingerichtet. Über konfessionelle Schranken hinweg hatten die vier Geistlichen ihr Wort gegen die Christusfeindlichkeit, Terror und Unmenschlichkeit des NS-Regimes erhoben. Stellbrink war zu dieser Zeit Pastor an der Lutherkirche in Lübeck. 
Dort erinnert die neue Ausstellung »... ich kann dich sehen.« an den Widerstand, die Freundschaft und Ermutigung der vier Lübecker Märtyrer. Am Beispiel der Luthergemeinde zeichnet die Ausstellung den Weg einer evangelischen Gemeinde in den Nationalsozialismus nach.

Johannes Prassek wurde 1911 in Hamburg geboren. 1939 kam er als Vikar nach Lübeck an die katholische Herz Jesu Gemeinde. Er war ein ernster, aber auch lebensfroher Mensch. Um polnischen Zwangsarbeitern in Lübeck seelsorgerlich beistehen zu können, lernte er ihre Muttersprache. In seiner Arbeit sprach er offen kritische Worte über das Nazi-Regime. In der Bombennacht 1942 setzte er sich selbstlos für das Leben vieler Lübecker ein. Im Mai 1942 wurde Johannes Prassek verhaftet.

Hermann Lange wurde 1912 in Leer in Ostfriesland geboren. Auch er kam 1939 nach Lübeck als Kaplan an die Herz Jesu Kirche. Er war ein eher stiller Mensch, ein überzeugender Seelsorger und kluger Geist. Im Juni 1942 wurde er verhaftet. Ihm wurde wie auch den anderen vier Geistlichen vorgeworfen, regimekritische Schriften zu vervielfältigen und zu verteilen, gegen den NS-Staat zu hetzen und feindliche Rundfunksender zu hören Im Gefängnis war ihm seine elterliche Familie ein großer Trost. Viele Briefe, die er dort an sie schrieb, erzählen davon.

Eduard Müller wurde 1911 in Neumünster geboren. Er war Sohn eines Schuhmachers, das jüngste von sieben Kindern. Nach der Volksschule wurde er Tischler. Doch eigentlich war es sein Wunsch, Priester zu werden. Mit Unterstützung von katholischen Förderern gelang es ihm, diesen schweren und mühsamen Weg zu gehen. 1940 kam er nach Lübeck. Besonders beliebt war er bei der Jugendarbeit. Das veranlasste die Hitlerjugend, ihn um Mitarbeit zu bitten. Er aber blieb sich treu. Mit seiner Gemeindejugend teilte er seine Freude an der Natur und am einfachen Leben. Eduard Müller wurde als letzter der Kapläne im Sommer 1942 verhaftet.

Karl Friedrich Stellbrink wurde 1894 in Münster geboren. Im ersten Weltkrieg war er Soldat und kehrte 1917 verwundet aus dem Krieg zurück. Er absolvierte eine Ausbildung zum Auslandpfarrer und lebte sieben Jahren mit seiner Familie in Brasilien. 1929 kehrte er nach Deutschland zurück. Er war keine Freund der jungen Weimarer Republik und hing völkisch-nationalistischen Idealen an. 1933 trat er in die NSDAP ein. Wegen seiner politischen Überzeugungen wurde er 1934 zum Hauptpastor an der Luthergemeinde, wo ähnlich denkende Menschen das Sagen hatten.

In den Folgejahren vollzog er eine innere Kehrtwende. Immer mehr erkannte er die unmoralische und kirchenfeindliche Haltung der NSDAP und wurde 1937 wegen wiederholter Kritik aus der Partei ausgeschlossen. In den Folgejahren veranlassten seine Predigten die Gestapo zu Verwarnungen. Spätestens 1939 war der Pastor nicht nur Kritiker, sondern ein Gegner des Regimes geworden. Gleichgesinnte fand er in den drei katholischen Kaplänen, mit denen er sich seit Sommer 1941 über die seinerzeit hohen konfessionellen Grenzen hinweg austauschte.
Seine Predigt am Palmsonntag 1942 gab den Anlass zu der wenige Tage später erfolgenden Verhaftung. In der Zeit bis zur Hinrichtung am 10. November 1943 litt seine Familie mit ihm, was die der Nachwelt erhaltenen Gefängnisbriefe auf berührende Weise bezeugen. In der Haftzeit wuchs die Freundschaft mit den drei Kaplänen. Mit Hermann Lange teilte Stellbrink die Todeszelle. „Wir sind wie Brüder“ beschrieb Lange die innige Beziehung der Geistlichen.

Seit den 1980er Jahren kümmert sich der Ökumenische Arbeitskreis 10. November um das Gedenken an die vier Lübecker Märtyrer. 2011 sind die drei katholischen Kapläne selig gesprochen worden, Pastor Stellbrink wurde bei der Feier ehrend gedacht.

In der kath. Propsteikirche Herz Jesu befindet sich seit 2013 eine weitere Märtyrer-Gedenkstätte. Diese ist täglich von 10-18 Uhr geöffnet.