Nütschau. Sie haben das Wahlpflichtfach Ehrenamt: Im Rahmen dieses Fachs hat eine 10. Klasse des Lübecker Johanneums im Kloster Nütschau einen Jugendleiter:innen-Kurs absolviert. Geleitet wurde die Schulung vom Jugendpfarramt des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg.
Zweijähriges Wahlpflichtfach Ehrenamt am Johanneum
Wenn Mathea über ihr Ehrenamt spricht, bekommt sie leuchtende Augen. Die 15-Jährige arbeitet als Teamerin in der Kirchengemeinde St.-Lorenz in Travemünde. “Ich finde die Gemeinschaft total schön und habe eine enge Bindung zu meiner Betreuerin und den anderen Teamer:innen”, erzählt Mathea. Das war auch der Grund, warum sich Mathea und ihre 24 Mitschüler:innen vor eineinhalb Jahren für das Schulfach Ehrenamt entschieden haben. Sie sind die erste Klasse, die das zweijährige Wahlpflichtfach am Johanneum durchläuft.
Juleica-Schulung durch Kooperation mit Jugendpfarramt
Viele der Schüler:innen waren schon vorher ehrenamtlich aktiv, manche haben sich ihr Ehrenamt erst gesucht. Die Mischung der Ehrenämter ist bunt: Von der Mithilfe im Kindergarten, über Sanitätsdienst an der Schule, Nachhilfe und Kinderturnen, bis zur Unterstützung von Senioren und Geflüchteten oder der Arbeit in der “Küche für alle”. Dank einer Kooperation mit dem Jugendpfarramt des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, hat die Klasse im Rahmen des Schulfachs nun auch die Möglichkeit zur Juleica-Schulung bekommen. Die Jugendleiter:in-Card (Juleica) ist ein bundesweit einheitlicher Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter:innen in der Jugendarbeit (www.juleica.de). In der Ausbildung wird Basiswissen für das praktische ehrenamtliche Engagement in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vermittelt.
Abwechslung zum Schulalltag durch Ehrenämter
Die 16-jährige Pia gibt ihrer ukrainischen Mitschülerin ehrenamtlich Nachhilfe im Fach Englisch: “Ich hoffe, dass ich dadurch wachsen und neue Erfahrungen mitnehmen kann. Und die Juleica hat mich auch sehr interessiert. Ich bin sehr froh, dass ich das gewählt habe.“ Viele der Schüler:innen sehen das Fach als willkommene Möglichkeit, auch mal außerhalb der Schule aktiv zu werden. So auch der 15-jährige Max, der im Gemeinschaftshaus Nachtigallenstieg beim Familienturnen mithilft oder Mathilda (15) die Senior:innen die Bedienung von Smartphones erklärt: “Das macht total viel Spaß - für mich ist es leicht und ich kann ihnen helfen.”
Juleica vermittelt unterschiedliche Kompetenzen
Nach dem Frühstück hat sich die Klasse an diesem verschneiten Januarmorgen im Gruppenraum des Jugendhauses versammelt. Nach einer kurzen Aufwärmphase geht es auch schon an die Inhalte: Wie funktionieren Gruppen? Welche Phasen gibt es in einer Gruppe und welche Rolle muss der oder die Gruppenleiter:in einnehmen? All das erarbeiten Katharina Schneider und Holger Wöltjen vom Jugendpfarramt mit den Jugendlichen anhand von Theorie- und Praxisübungen.
“Die Jugendlichen machen es uns leicht mit ihnen zusammen zu arbeiten. Sie haben Interesse und Motivation für die verschiedenen Themeninhalte“, schildert Bildungsreferentin Katharina Schneider. “Es ist wichtig die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu erkennen und vorhandene Kompetenzen weiter zu entwickeln. Die Juleica vermittelt verschiedene Kompetenzen: Persönlichkeitsentwicklung, Organisation, Sozialkompetenz, Pädagogik. Das ist das Tolle.”
Erfahrungen außerhalb des Schulalltags
Der viertägige Juleica-Kurs bildet die perfekte Ergänzung im Schulfach Ehrenamt findet Lehrerin Kathrin Maetzel: „Es ist ein straffes Programm, wir arbeiten von morgens bis abends!“, schildert sie. "Aber wir machen hier Erfahrungen, die man sonst im normalen Schulalltag nicht machen kann. Es geht viel um Selbst- und Fremdwahrnehmung und darum, den Methodenschatz zu erweitern und sicherer zu werden." Finanziert wurde der Juleica-Kurs unter anderem durch Elternbeiträge, den Schulverein und durch eine Spende der Michael-Haukohl-Stiftung.
“Wir haben bei unseren Schülerinnen und Schülern gesehen, dass sie sich bereits sehr viele engagieren." So sei die Idee entstanden, daraus ein Schulfach zu machen, schildert Maetzel. Die ehrenamtliche Praxis wird im Schulalltag ergänzt durch theoretische Einheiten - wie etwas Rechtskunde und Jugendschutz. Außerdem ist die Lehrerin jederzeit ansprechbar, wenn es Redebedarf gibt.
"Ehrenamt ist etwas Kostbares"!"
“Das Fach trägt dazu bei, zu wachsen", schildert Kathrin Maetzel. "Die Entwicklung ist in den zwei Jahren wirklich rasant”. Und auch Katharina Schneider ist überzeugt: “Ehrenamt ist sowas kostbares. Je früher sich Menschen engagieren, desto mehr sind sie später im Leben dazu bereit, daran anzuknüpfen. Wir freuen uns sehr, dass die Schule uns als Kooperationspartner angefragt hat.”
Jeder Tag endet mit einem Tagesfeedback und einem Themenimpuls, den die Jugendlichen im Vorfeld bestimmt haben. Gibt es Gott? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Schule/Leistung was zählt im Leben? Manche der Fragen werden noch bis spät in die Nacht am Küchentisch oder im Flurgespräch weiter diskutiert.