Lübeck. Zum Reformationstag 2022 geht die Lübecker Pröpstin Petra Kallies in ihrem Beitrag einer elementaren Frage nach.
Gibt es Gott?
Klar, sagen die einen, mach doch bloß die Augen auf! Mach Dir die Wunder der Schöpfung bewusst. Bestaune die Pilze, die gerade überall aus dem Boden sprießen. Bestaune den gestirnten Himmel über Dir. Lies einen Artikel über die Biologie des Gehörs. Überleg doch mal, weshalb Menschen anderen vergeben können, die ihnen Unrecht getan haben.
Eben nicht, sagen die anderen. Schau Dir die Menschheit an, wie sie die Schöpfung ausbeutet. Wie sie Kriege führt, zu wieviel Hass sie fähig ist. Die meisten Menschen glauben an einen Gott, aber trotzdem passiert so viel Böses. Ist der Mensch nicht der beste Gegenbeweis?
Reformation bedeutet Erneuerung
Am 31. Oktober ist Reformationstag. Erneuerung bedeutet das. Als Martin Luther im Jahr 1517 seine Kirchenkritik in 95 Sätzen zusammenfasste und öffentlich zur Diskussion stellte, da lief er bei vielen Menschen offene Türen ein. Plötzlich trauten sich alle, Glauben und Kirche neu zu denken. Das Gewohnte wurde hinterfragt und Neues ausprobiert. Viele Gläubige erlebten eine seelische Befreiung. Gott wurde nicht länger als der harte Richter gepredigt, sondern wieder als der liebevolle Vater, den auch Jesus verkündigt hatte.
Frieden muss hart erarbeitet werden
Trotzdem brach auch mit der Reformation leider kein irdisches Friedensreich an, sondern der Friede musste und muss immer wieder neu hart erarbeitet werden. Mit Gesprächen, mit Vertrauensvorschüssen, mit klaren Verabredungen, zu denen sich alle verpflichten. Mit gegenseitigem Respekt.
Wir Menschen haben die Wahl, nach welchen Werten wir leben. Hass oder Liebe? Revanche oder Vergebung? Egoismus oder Güte?
Gott reformiert uns nicht gegen unseren Willen. Aber Gottes Liebe kann uns verwandeln, wenn wir es zulassen. Martin Luther hat es einmal so gesagt:
Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden,
nicht ein Gesundsein, sondern ein Gesundwerden,
nicht ein Sein, sondern ein Werden,
nicht eine Ruhe, sondern eine Übung.
Wir sind’s noch nicht, wir werden‘s aber.
Darauf vertraue ich, auch im Herbst 2022.
Ich glaube fest daran, dass es einen Gott gibt. Gott liebt mich – und alle anderen auch. Also: Lasst uns Liebe „üben“ und dem Bösen die Stirn bieten, damit die Welt gesunde.
Ich wünsche Ihnen einen frohen Reformationstag!
Herzliche Grüße, Ihre Pröpstin Petra Kallies