Drei Chöre aus Lübeck und Bad Schwartau präsentieren ein klassisches Lied im neuen Stilmix. Unter der Leitung der Lübecker Kantor:innen Rebecca Poesch, Christoph Liedtke und Nathanael Kläs entstand ein Virtual-Choir-Video mit dem „Sommarpsalm“ (Sommerpsalm) des schwedischen Komponisten Waldemar Åhlén. In einem eigenen Arrangement musizieren eine Kantorei, ein Gospelchor und ein Bläserchor dabei virtuell zusammen. Aus vielen Einzelaufnahmen entstand ein Video, das jetzt bei Youtube zu sehen ist.
Drei Chöre finden sich zusammen
Die Idee zu einem solchen Projekt hatte Rebecca Poesch, Kantorin der Gemeinden Bodelschwingh und Bugenhagen in Lübeck, schon im letzten Sommer. „Als ich solche Videos zum ersten Mal sah, wusste ich sofort: Das will ich unbedingt auch machen!“ Ihre Wahl fiel früh auf den „Sommarpsalm“.
Um Ideen und Erfahrungen auszutauschen, kontaktierte sie den Pop-Kantor Christoph Liedtke. Schnell wurde klar, dass er und sein Kollege Nathanael Kläs sich an dem Projekt beteiligen wollten. Eine intensive Zusammenarbeit konnte beginnen.
Zur Bodelschwingh-Kantorei kamen also der Posaunenchor St. Matthäi, den Christoph Liedtke leitet, und der Gospelchor „Spirit of Joy“ aus Bad Schwartau dazu. Die Leitung des Gospelchors übernahm Nathanael Kläs schon vor der Tätigkeit als Pop-Kantor. Auch die Kantoren selbst wollten mitmusizieren: Nathanael Kläs und Christoph Liedtke an Klavier und Schlagzeug, Rebecca Poesch an der Orgel.
Ein eigenes Crossover-Arrangement
Für die drei stellte sich die Frage: Wie bringt man eine klassische Kantorei, einen Gospelchor und einen Bläserchor zusammen - drei Musik-Welten, die sich in dieser Form eigentlich nie begegnen? Ein eigenes Arrangement des klassischen Stücks musste her, das die unterschiedlichen Stile vereinen sollte. Dabei brachten alle drei Kirchenmusiker ihre Spezialgebiete ein.
So entstand ein mehrteiliges Werk: Der klassische gesungene Satz wird gefolgt von einem Arrangement für Bläser. Danach erklingt ein poppig arrangierter Teil, in dem sich schließlich alle Gruppen vereinen. Der letzte Teil hat wieder den originalen Satz zur Grundlage, diesmal aber erweitert um eigene Bläser- und Orgelstimmen.
Eine Herausforderung: Die Aufnahmen der Sänger und Bläser
Die nächste Herausforderungen waren die Einzel-Aufnahmen der Sänger:innen und Bläser:innen. Christoph Liedtke nahm für jede Stimmlage und jedes Instrument ein eigenes Übe-Playback auf. Für die Aufnahme spielten die Teilnehmer ein weiteres Playback mit allen Stimmen ab und nahmen gleichzeitig Ton und Bild auf. Meist mit dem Handy oder per Zoom.
Auch für Sänger und Bläser war das herausfordernd. Kaum jemand hatte Erfahrung damit, sich selbst zuhause aufzunehmen. Aus den eigenen Erfahrungen mit solchen Projekten schrieben die Kantoren eine zweiseitige Anleitung. Darin gab es für die Beteiligten Tipps zur Einstellung der Kamera, zum Bildhintergrund, Nebengeräuschen und Vielem mehr.
Alle sollten mitmachen können
Der Aufwand lohnte sich, denn viele meisterten damit zum ersten Mal dieser Herausforderung. „Längst nicht alle aus den Ensembles wollten mitmachen – aber alle die anfangs zugesagt haben, haben es bis zum Ende durchgezogen“, erzählt Rebecca Poesch. Denn schon am Anfang des Projekts war klar: Sie wollten alle mitnehmen, die Lust auf ein solches Projekt haben.
Eine Frage des Alters war die Teilnahme zumindest nicht – von Anfang 20 bis zum Rentenalter reicht die Altersspanne. Leute, die sich nicht erst in die Technik hineinarbeiten wollten, wurden von den Kantor:innen unterstützt. Sie gaben persönliche Tipps an oder boten Aufnahmen in den Räumen der Kirchengemeinden an.
Bearbeitung von Video und Ton
Einen hohen Anspruch hatten die Kantoren beim Erstellen des zusammengesetzten Videos. „Uns war von Anfang an klar, dass die Bearbeitung professionell gemacht werden sollte“, erzählt Christoph Liedtke. Also kam eine weitere Person ins Spiel: Thomas Reifner, Musikproduzent und Komponist aus Lübeck. Er kümmerte sich um das Bearbeiten und Zusammensetzen von Ton und Bild. Gleichzeitig freuten sich Kläs, Liedtke und Poesch, dass sie damit einen freiberufliche Künstler in der Corona-Zeit unterstützen konnten.
Der letzte Schliff und das „Hochstimmen“ der Orgel
An Aufgaben fehlte es Reifner nicht: Alle Ton- und Bildaufnahmen mussten nachbearbeitet werden. Lautstärke und Klang der einzelnen Stimmen wurden minutiös aneinander angeglichen, Bildformate angepasst und Farbeinstellungen nachgebessert. Auch in kleinste Details musste Reifner eingreifen, wenn beispielsweise Schlusstöne unterschiedlich lang ausgehalten wurden. Dinge, die beim Aufnehmen allein zuhause zunächst nicht auffallen. Selbst die Orgelpartie blieb nicht verschont von Eingriffen: Durch die Kälte in der Kirche war das Instrument beim Zeitpunkt der Kirche zu tief und musste von Reifner am Rechner digital „hochgestimmt“ werden.
Die Veröffentlichung - Lohn für viel Mühe
Der Aufwand wurde größer und Proben konnten erst spät im Sommer 2020 wieder aufgenommen werden. Daher wurde das Video erst im Herbst 2020 fertig. Wegen des Sommer-Themas wollten die Kirchenmusiker aber unbedingt noch zum Sommer 2021 mit der Veröffentlichung warten.
Für die beteiligten Laien-Musiker aus den Gemeinden hat sich das Warten gelohnt, sie waren vom Ergebnis begeistert. Der bisherige Tenor der Rückmeldungen an die drei Kirchenmusiker:innen: Die Mühe hat sich gelohnt. „Es war zwar auch stressig, aber für viele auch ein Spaß, neue Dinge zu entdecken“, fasst Rebecca Poesch es zusammen. Auch für sich selbst ziehen die drei Kantor:innen ein positives Fazit: „Es war eine bereichernde Erfahrung, dass wir uns auf neuen Gebieten ausprobieren konnten“.