Lübeck/Ratzeburg. Die Mitgliederzahl im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg ist rückläufig: In den ersten elf Monaten 2022 sind in den beiden Propsteien 3151 Menschen aus der Kirche ausgetreten. Vor allem seit Mitte des Jahres ist eine Steigerung der Austrittszahlen spürbar. Hierfür sind in erster Linie wirtschaftliche Ängste der Menschen ausschlaggebend.
Mehr Austritte seit dem Sommer
In Lübeck traten bis zum Stichtag 22. November 2022 insgesamt 1842 Frauen und Männer aus der evangelischen Kirche aus. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2021 waren es 1642 Personen gewesen, 2020 insgesamt 1026. Im Herzogtum Lauenburg stieg die Anzahl der Austritte von 917 Personen im Jahr 2020 auf 1127 (2021) und zuletzt 1309.
Angst vor der Inflation wächst
Rückläufige Mitgliederzahlen sind eine Entwicklung, die nicht nur im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg zu beobachten ist. Vor allem seit Mitte des Jahres ist eine Steigerung der Kirchenaustrittszahlen spürbar. "Hierfür sind in erster Linie wirtschaftliche Ängste der Menschen in Folge des Ukraine-Krieges ausschlaggebend, als sich im Sommer abzeichnete, dass die Energiepreise deutlich steigen werden und Deutschland eine Inflation droht", sagt die Lübecker Pröpstin Petra Kallies und beruft sich auf Gespräche, die sie und Propst Philip Graffam mit Personen geführt haben, die aus der Kirche ausgetreten sind.
Die Standesämter teilen dem Kirchenkreis regelmäßig mit, wenn Personen ihre Mitgliedschaft in der Kirche beenden. Die Pröpstin und der Propst schreiben diese dann an und laden die Personen zum Gespräch ein.
Pröpstin und Propst suchen das Gespräch
In Lübeck beendeten beispielsweise im Juli 210 Frauen und Männer ihre Mitgliedschaft. Mit 167 Austritten verzeichnete die Propstei Lauenburg im August 2022 die bislang höchste Zahl von Austritten binnen eines Monats. „Jeder, der geht, tut uns weh“, hatte Pröpstin Kallies im Sommer vergangenen Jahres bekannt. „Jeder Austritt verändert das Gesicht der Kirche vor Ort. Das wird immer spürbarer und wir reagieren darauf.“
Nicht immer sind es monetäre Gründe
Allerdings sind es nicht immer monetäre Gründe, weshalb Menschen der KIrche den Rücken kehren: "Meist ist es eine Entfremdung von Glaube und Kirche", so Kallies. Auch das Thema sexueller Missbrauch in der Kirche ist immer wieder ein Thema. „Es ist richtig, dass es bedauerlicherweise auch in der evangelischen Kirche Missbrauchsfälle gegeben hat. Ich bin dankbar, dass wir inzwischen deutlich dafür sensibilisiert sind. Die evangelische Kirche in ganz Deutschland arbeitet mit Konsequenz und Transparenz die Vergangenheit auf und hat umfangreiche Hilfs- und Schutz-Angebote auf allen Ebenen kirchlicher Arbeit installiert", betont die Seelsorgerin.
Im Frühjahr 2022 hatte das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine Studie zum Thema Kirchenaustritte vorgelegt. Nähere Informationen gibt es hier.
Am 31. Dezember 2021 gehörten 152 488 Kirchenmitglieder zum Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Diese verteilten sich auf die Propstei Lübeck mit 79 690 Mitgliedern und die Propstei Lauenburg mit 72 798 Mitgliedern.