Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Kinderchöre trotzen Nachwuchssorgen in der Corona-Zeit

Nachwuchsgewinnung am Bildschirm: Nachwuchschor-Leiter Christoph Westphal beim Online-Schnupperkurs der Lübecker Knabenkantorei Copyright: Lübecker Knabenkantorei

Das Verbot von Proben in der Corona-Zeit hat besonders die Kinderchöre stark getroffen. Diese sind darauf angewiesen, regelmäßig Nachwuchs zu gewinnen und zu halten. Denn die Altersspanne der Chöre ist stark begrenzt. Die Chöre im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg versuchen mit unterschiedlichen Mitteln, der Krise beizukommen. Mit Online-Schnupperkursen, Zuversichtsbriefen oder besonderen Aufnahme-Projekten.

Digitaler „Schnupperkurs“ bei der Lübecker Knabenkantorei

Normalerweise besucht Christoph Westphal, Leiter der beiden Nachwuchschöre der Knabenkantorei, in dieser Zeit des Jahres die Lübecker Grundschulen. Dort singt er mit interessierten Jungen und hält so Ausschau nach Nachwuchs. Da das während der Pandemie nicht möglich ist, hat er einen Online-Schnupperkurs für interessierte Jungen entworfen. An drei Termine zu je 40 Minuten lernen die Kinder das gemeinsame singen kennen. Durch Handzettel konnte der Kurs immerhin etwas in den Schulen beworben werden, so dass rund 20 Anmeldungen zusammen kamen. Mehr Infos zum Mitsingen gibt es online unter jungs-singen.de.

Ein guter Erster Kontakt auch online

Westphal zieht schon nach dem ersten Termin ein durchweg positives Fazit. Er ist vor allem erstaunt, wie gut die Kleinen Sänger mitmachen und sich offen und unverstellt zeigen. Eine Erklärung ist für ihn, dass online Vieles leichter zu organisieren ist: „Die Eltern müssen die Kinder nicht bringen oder abholen und die Jungs können in vertrauter Umgebung singen. Das schafft gleich einen guten ersten Kontakt.“

Spielerisches erstes Singen

Für einen guten Start sorgt aber nicht zuletzt Westphals einfühlsame Art. Das erste Einsingen passiert ganz spielerisch und wird in Geschichten verpackt: „Da gehen wir zum Beispiel auf Nachtwanderung, lassen den Wind rauschen und den Uhu singen“, erzählt Westphal. Die 40 Minuten der Schnupper-Konferenzen gehen für ihn so immer sehr schnell herum. Bei günstiger Lage der Corona-Bestimmungen sollen sich auch die ganz Neuen schon bald zu Präsenzproben draußen vor dem Kantoreiheim treffen.

Verbindung halten trotz Corona

Mit Online-Proben hat die Knabenkantorei schon seit Beginn der Pandemie Erfahrungen. Chorleiter Karl Hänsel trifft sich mit den „angestammten“ Knaben per Videokonferenz zum Proben – aber auch zum Austausch, Spielen und Filme schauen. Auch, wenn nicht alle online mitmachen können oder wollen - mehr Austritte als sonst musste die Knabenkantorei innerhalb des letzten Jahres nicht verzeichnen.

Aufnahmen mit Kinder- und Jugendchören in Mölln

Auch mit coronakonformen Choraufnahmen bleiben mancherorts Kinderchöre in Verbindung. Das gemeinsam Erreichte schweißt zusammen, ähnlich wie bei einem Konzert. Der Möllner Kantor Thimo Neumann hat ein solches Projekt an St. Nicolai auf die Beine gestelllt. Auf der CD-Aufnahme zum Weihnachtsfest 2020 sind alle Chöre und Musik-Gruppen der Gemeinde zu hören. Neben den Erwachsenenchören und -gruppen waren die Kinderchöre und der Jugendchor der Gemeinde beteiligt.

Hoher Aufwand für ein gemeinsames Ergebnis

Ein außerordentlicher Aufwand, denn Neumann musste sich mit allen Teilehmer:innen einzeln treffen. Zum Üben hatten sie vorher extra angefertigte Aufnahmen der Stücke bekommen. Die Kinderchöre beteiligten sich mit einem Krippenspiel. Ganz ohne „echte“ Proben wurden Rollen verteilt, Texte eingesprochen und Lieder gesungen. Viel Einsatz für die Kleinen und den Chorleiter, der alle Stimmen einzeln bearbeiten und zusammenfügen musste. Die Mühe hat sich für Neumann gelohnt: „Das Ergebnis ist sehr schön geworden!“, findet er.
Ausschnitte der CD kann man sich hier bei Youtube anhören.

St. Thomas Lübeck: Ein „Familienchor“ hält zusammen

Eine besondere Herausforderung hatte Anfang 2020 die Gemeinde St. Thomas in Lübeck zu meistern. Kurz vor Corona wurde der Kinderchor als eigene Gruppe aufgelöst, weil Kantorin Iris Wolff in Frühpension ging und ihre Tätigkeit reduzierte. Die Kinder sollten mit in den Erwachsenenchor übernommen kommen, der so zu einer Art Familienchor werden sollte. An St. Thomas sind oft ganze Familien an der Musik beteiligt, so dass die Grenzen zwischen den Musik-Gruppen ohnehin fließend sind. Auch Jugendliche halten dem Chor die Treue. „Und das, obwohl wir klassisch singen und keinen Pop“, erzählt Wolff. Mitten während des Umbaus der Chöre kam Corona.

Kontakt über WhatsApp und „Zuversichtsbriefe“

Doch die Mitglieder des Kinderchors hielten über eine WhatsApp-Gruppe der Eltern auch nach der Auflösung Kontakt. Als im Sommer 2020 Proben wieder möglich waren, konnten sich alle Generationen zumindest  in jeweils halber Besetzung wieder treffen. Mit Beginn der Pandemie schrieb Kantorin Wolff den Kindern und Erwachsenen außerdem mehrmals im Monat „Zuversichtsbriefe“. „Darin habe ich Mut gemacht für kommende Zeiten und Freude aufs Wiedersehen geweckt.“ Die Briefe werden immer noch verschickt. Sie finden Anklang und Iris Wolff erhält von großen und kleinen Sängern immer wieder rührende und emotionale Antworten.