Lübeck. In St. Marien zu Lübeck ist der langjährige Flüchtlingsbeauftragte für das Land Schleswig-Holstein, der ehemalige "Cap Anamur"-Kapitän Stefan Schmidt, aus seinem Ehrenamt verabschiedet worden. An der Gala nahmen rund 500 Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft teil.
Gallionsfigur mit Mund und Ohr
Nach zwölf Jahren als Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen im schleswig-holsteinischen Landtag hat der 82-jährige Stefan Schmidt jetzt sein Ehrenamt im Rahmen einer Abschiedsgala beendet. Seine Rolle beschrieb er selbst als "Gallionsfigur mit Mund und Ohr". Er habe den Auftrag gehabt, das, "was in den Blasen gesprochen wird und was dann in sinnvolle Gesetze und Verordnungen mündet, in die Sprache der Damen und Herrn auf der Straße zu dolmetschen", um so "im günstigsten Falle auch in deren Herzen und deren Verstand" zu landen.
Stefan Schmidt: Kapitän und Lebensretter
Vielen wird Schmidt noch als Kapitän der "Cap Anamur" in Erinnerung geblieben sein, der 2004 durch die Rettung von 37 afrikanischen Flüchtlingen aus Seenot bekannt wurde, die er nach Sizilien brachte. Ein italienisches Gericht klagte ihn damals wegen Schleusung an, erst 2009 wurde er freigesprochen. Drei Jahre nach diesem Ereignis gründete Schmidt mit anderen den Verein "Borderline Europe - Menschenrechte ohne Grenzen", um auf die Flüchtlingssituation an Europas Außengrenzen hinzuweisen. Neben Familie und Freunden hatte ihn in seiner Arbeit insbesondere seine Mannschaft unterstützt, da "alle am gleichen Tampen zogen, um mit fast immer dem gleichen Rückenwind durch die Politik solch drohenden Ungetümen wie 'Abschiebung' Einhalt zu gebieten.“
Mitgefühl und "heiliger Zorn"
Mit einem "persönlichen Freundschaftswort" ehrte Bischöfin Kirsten Fehrs die Arbeit von "Käpt'n Schmidt" und unterstrich damit die langjährige enge Verbindung. Erstmals begegneten sich beide auf dem ersten Flüchtlingsrequiem 2008 am Volkstrauertag zum Gedenken an die Tausenden im Mittelmeer Ertrunkenen. Mit seiner "innigen Ehrlichkeit, so herzensnah, engagiert, traurig", seinem "heiligen Zorn" und seinem "Mit-Gefühl" hatte Schmidt die Anwesenden berührt, schilderte Fehrs. Mitgefühl, Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit seien seine zentralen Werte. Bei ihm passe "kein Blatt Papier zwischen Seele und gesprochenem Wort, da ist Denken und Fühlen und Handeln eins." Für Bischöfin Fehrs liegt in dem Mitfühlen, dem Angerührtsein eine "tiefe Hoffnung": "Nur wenn wir uns dem unfassbar verwundeten Leben aussetzen, führt das zum Umdenken, auch in der Gesellschaft."
Kapitän auch ohne Schiff
Die Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Kristina Herbst, hob noch einmal die Verdienste Schmidts im Laufe der letzten zwölf Jahre als Landesbeauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen hervor: "Sie ergriffen stets Partei für die Schwachen und Hilfsbedürftigen - für die Rechte von Migrantinnen und Migranten in unserem Land. Dabei zeichnete Sie ein besonderes Maß an Empathie mit geflüchteten Menschen und eine besondere Leidenschaft für die anstehenden Aufgaben aus." Die Landtagspräsidentin betonte die besondere Haltung, die sich Schmidt stets bewahrte: "Kapitän ist man auch ohne Schiff, ein Leben lang, Kapitän zu sein, ist eine Lebenseinstellung. Diese zeichnet sich durch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, an Tatkraft und Weitsicht aus - Tugenden, die Ihnen bei Ihrer Arbeit in den vergangenen Jahren geholfen und Ihnen im Landtag und im Land ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit, Respekt und Anerkennung eingebracht haben."
"Schmidt ahoi" für einen Menschen mit Herz und Gerechtigkeitssinn
Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Innenministerin von Schleswig-Holstein, ergänzte persönliche Worte des Dankes für "einen Menschen mit einem großen Herzen und einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn", der sein "Ehrenamt wie ein Hauptamt" ausübte. Ihr Dank galt vor allem Schmidts Einsatz für Menschenrechte und Geflüchtete und gegen Rassismus: "Du wurdest in das Amt des Zuwanderungsbeauftragten gewählt, weil du für den Einsatz für Flüchtlinge, Asylsuchende und Zuwanderinnen und Zuwanderern stehst. Und das wirst du übrigens weiterhin, auch nach deinem Ausscheiden."