Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Erinnerung an eine "große Geste": Konzert zum Gedenken an Willy Brandts Kniefall

Dom- und Marienorganist Johannes Unger leitet das diesjährige Konzert zum Gedenken an Willy Brandts Kniefall im Lübecker Dom. Copyright: Olaf Malzahn

Lübeck. Es ist bereits eine musikalische Tradition in Lübeck: Am Donnerstag, 7. Dezember 2023 ab 19 Uhr findet im Lübecker Dom wieder ein Konzert zum Gedenken an Willy Brandts Kniefall 1970 in Warschau statt. Seit 2016 wechseln sich jährlich die Lübecker Innenstadtkirchen als Veranstaltungsorte ab – mit Unterbrechung durch Corona. In diesem Jahr ist Dom- und Marienorganist Johannes Unger für die Programmauswahl und musikalische Leitung zuständig. Mit 16 Profisänger:innen und einem Instrumentalensemble wird er G. F. Händels „Jubilate zum Frieden von Utrecht“, Arvo Pärts „7 Antiphonen zum Magnificat“ und J. S. Bachs „Magnificat“ aufführen.

Eine Stiftung zum musikalischen Gedenken

Die „Stiftung zum 7. Dezember 1970“ ermöglicht die Konzerte. Der Lübecker Rolf Grasse gründete sie im Jahr 2015 kurz vor seinem Tod, um das Gedenken an Brandts Kniefall vor dem Mahnmal des Warschauer Ghettos weiterzugeben. Der Stiftungsgründer war tief beeindruckt von dieser Bitte um Vergebung und Versöhnung nach den Taten der Nazi-Zeit. Gleichzeitig war er gläubiger Christ und Freund der Kirchenmusik. Daher sollte die Lübecker Kirchenmusik mit der Stiftung eine Gelegenheit zur Durchführung großer Konzerte erhalten. Für Johannes Unger ist Brandts Geste „ein Musterbeispiel für das Unterbrechen von Gewaltkreisläufen‘“. Und: „Die Möglichkeit, große Musik zu machen in Verbindung mit dieser großen Geste, ist immer wieder beeindruckend.“

Musik zu Frieden und Versöhnung

Damit fällt Unger dieses Jahr auch die Aufgabe zu, ein thematisch passendes Programm zusammenzustellen. „Das Jubilate von Händel passt als Friedensmusik wunderbar zum Thema der Konzertreihe“, sagt er. In den „Antiphonen“ von Pärt wurden Verse aus dem Alten Testament vertont, in denen das Volk Israel nach Errettung und Frieden ruft. „Angesichts der Geschehnisse im Nahen Osten bekommt das auch einen aktuellen Bezug“, sagt Unger. Bachs „Magnificat“ passt als Lobgesang der Maria über die Ankündigung der Geburt Jesu in die Adventszeit. In diesem Jahr jährt sich die Uraufführung des Stückes im Jahr 1723 zum 300. Mal.

Konzerte als Brücke der Versöhnung nach Osten

Gemäß dem Stiftungsauftrag zur Versöhnung mit ehemaligen Ostblock-Staaten wurden in der Vergangenheit immer wieder musikalische Brücken geschlagen. Mehrfach standen so Werke des polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki auf dem Programm. 2018 wurde das Konzert in einer Kooperation der Lübecker Musikhochschule mit der Musikhochschule aus Lodz (Polen) gestaltet. Polnische Geistliche oder andere Persönlichkeiten wurden anlässlich der Konzerte nach Lübeck eingeladen. Auch in diesem Jahr gibt es Besuch: Der Prälat der Danziger Marienkirche wird zu Gast sein.

Dank hochkarätiger Besetzung können immer wieder anspruchsvolle Werke der Kirchenmusik aufgeführt werden und für Glanzpunkte im Lübecker Konzertleben sorgen. So erklang im vergangenen Jahr die H-Moll-Messe von J. S. Bach, Johannes Ungers persönliches Highlight der Konzertreihe: „Das war ein besonderes Erlebnis für mich, so etwas erlebt man nicht oft.“ Auch das Konzertpublikum scheint die Mühen zu honorieren. „Die Konzerte sind immer sehr gut besucht“, sagt Unger.

Der Eintritt ist frei, um Spenden für die Stiftung wird gebeten. Weitere Informationen gibt es hier.


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