Ratzeburg/Lübeck. Weitgereiste Gäste besuchten für zwei Wochen den Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Acht Junge Bläser:innen der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde von Jeypore, südlich von Jakarta in Indien, reisten Ende April 2024 nach Deutschland, um mit Lauenburger Posaunenchören zu spielen.
Eine 150 Jahre alte Verbindung nach Indien
Frauke Eiben, ehemals Pröpstin in Lauenburg, spielte dabei als Vorsitzende des Indien-Ausschusses der Nordkirche eine entscheidende Rolle. Sie stand als Planerin und Reisebegleiterin zur Seite. Und noch mehr verbindet sie mit Indien: "Mein jüngster Sohn war ein Jahr lang zum Freiwilligendienst in Jeypore“, erzählt sie. Die Verbindung nach Indien ist die älteste Partnerschaft der Nordkiche. Missionare aus dem Nordfriesischen Breklum gründeten vor 150 Jahren die Kirchengemeinde Jeypore. Seit 20 Jahren gibt es dort auch die "Jeypore Brass Band" (dt.: Jeypore Blechbläser Band) als indisches Pendant zum deutschen evangelischen Posaunenchor.
Proben und Auftritte in Hamburg, Lauenburg und Lübeck
Die acht indischen Gäste nutzten die Zeit für viel Musik. Sie nahmen gemeinsam mit Posaunenchören aus Ratzeburg, Mustin und Büchen auch am deutschen Posaunentag teil, der vom 3. bis 5. Mai 2024 in Hamburg stattfand. Unter der Leitung von Michael Buffo, Jungbläser-Ausbilder im Kirchenkreis Lübeck Lauenburg, probten alle Bläser gemeinsam. Es folgten Auftritte beim Posaunentag und bei Gottesdiensten in Lauenburg und Lübeck. Die Freizeit nutzten die Gäste für Ausflüge und Besichtigungen. Helgoland, Ratzeburg und Travemünde standen unter anderem auf dem Programm.
Eine gemeinsame musikalische Sprache
Musikalische Verständigungsprobleme zwischen Lauenburgern und Indern gab es dabei nicht, denn in der Kirchengemeinde von Jeypore erklingen viele Melodien aus deutscher Lied-Tradition. Auch die Noten der Bläser-Arrangements beziehen die indischen Musiker aus Deutschland. Wie in den deutschen evangelischen Posaunenchören spielen auch in der “Brass Band” aus Jeypore Laien, die sich wöchentlich zum Proben treffen.
Emotionaler Open-Air-Auftritt
Eine treibende Kraft in der Band ist Abishek Khosla. Der 26-jährige Sozialarbeiter ist ein wiederkehrender Besucher in Lauenburg. Er lebte nach seiner Schulzeit ab 2018 für 18 Monate in Ratzeburg und wurde dort von Frauke Eiben beherbergt. Während dieser Zeit arbeitete er in einer Gemeinde-Kita und spielte in den Posaunenchören von Ratzeburg und Mustin. Durch den erneuten Besuch ging jetzt für ihn ein Traum in Erfüllung. „Ich habe mich schon lange auf diese Tage in Hamburg gefreut“, sagt er. Besonders bei einem Open-Air-Auftritt mit allen Teilnehmern wurde es sehr emotional für ihn: „Dieser Klang von so vielen Bläsern hat mich wirklich glücklich gemacht!“ sagt er.
Eindrücke von Deutschland und dem Posaunentag
Eine der Erfahrungen, die Khosla von seinem ersten Aufenthalt ab 2018 nach Indien mitbrachte, war, dass auch Mädchen und Frauen in Posaunenchören spielen. „Ich habe dann in Jeypore angefangen, auch Mädchen zu unterrichten“, erzählt er. Eines der Mädchen ist Lipsha Garada. Die 17-jährige College-Studentin spielt seit 2021 Trompete und reiste mit nach Deutschland. Ihr erster Eindruck in dem fremden Land: „Die Leute sind sehr nett und ich bin erstaunt, wie sauber hier alles ist.“ Der Posaunentag gefiel ihr sehr. „Wir haben dort sehr viel gelernt. Ich bin auch beeindruckt über die Größe dieses Events“, sagt sie. Mit rund 15 000 Teilnehmer:innen ist es das größte ehrenamtliche Bläsertreffen der Welt. „So einen hohen Stellenwert hat die Blasmusik in Indien nicht“, sagt Lipsha.
2000 Besucher in indischen Gottesdiensten
An anderer Stelle können die Kirchen in Deutschland allerdings nicht mithalten: „In Jeypore kommen bis zu 2000 Leute zu den Gottesdiensten. Außerdem dauern sie nicht wie in Deutschland eine Stunde, sondern zweieinhalb“, sagt Abhishek Khosla. Auch die „Jeypore Brass Band“ hat guten Zulauf mit über 30 Mitgliedern. Allerdings beklagt Khosla, dass sie keinen richtigen Posaunenchor-Leiter haben. „Wir wünschen uns sehr jemanden, der uns richtig unterrichten kann“, sagt er.