Lübeck. Pastorin Kathrin und Pastor Lutz Jedeck treten gemeinsam ihren Ruhestand an. Die Verabschiedung der Geistlichen findet am Ostermontag, 1. April 2024, ab 11 Uhr in St. Jakobi zu Lübeck statt. Hier – an und in der historischen Musik- und Seefahrerkirche –, wirkte das Ehepaar 23 Jahre lang; prägte die Kirche und das Leben in der Gemeinde.
Kisten packen, letzte Absprachen treffen
„Man wird uns sicher auf dem ein oder anderen Gottesdienst antreffen“, schmunzelt Kathrin Jedeck. „Aber erstmal müssen wir in unserem Ruhestand ankommen“. Und zurzeit würden noch Kisten gepackt und die Büros leergeräumt, letzte Absprachen getroffen, die Organisation einer Kirche und ihrer Gemeinde in die Hände anderer gelegt. „Natürlich sind wir traurig, dass unsere Zeit hier vorbei ist, doch wir sind auch glücklich und dankbar, weil diese Zeit gefüllt war mit Leben und Liebe!“
Ökumene und Dienst am Menschen
Und mit jeder Menge kleinen und großen Veranstaltungen, Projekten, Musikvespern, Gottesdiensten. Namhafte Persönlichkeiten sind dem Pastorenpaar verbunden, wie der gemeinsame Freund Björn Engholm – mit ihm und Propst Siepenkort von Herz-Jesu zusammen erweckten sie den ökumenischen Lübecker Kreuzweg wieder zum Leben. Daraus erwuchs eine der größten ökumenischen Veranstaltungen der Nordkirche. Aber nicht nur Ökumene war ein Thema in St. Jakobi. Neben sozialem Dienst und Seelsorge am Menschen blicken Jedecks auf eine große Anzahl an großen kulturellen Veranstaltungen zurück. Auch viele Prominente folgten ihrer Einladung in die St.-Jakobi-Kirche, darunter der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und der Präsident des Verbandes der Deutschen Reeder, Frank Leonhardt, ebenso die Bundespräsidenten a.D. Johannis Rau und Joachim Gauck. Für das mit Björn Engholm entwickelte Konzept „Kunst und Kirche“ konnten namhafte Künstler begeistert werden, wie zuletzt Johannes Heisig, der chinesische Künstler Ren Rong und aktuell Maria Moser.
Sanierungen, Projekte, Kunst und Kultur
Im Gedächtnis dürfte vielen das Bildhauersymposium 2013 geblieben sein, dessen Stelen an den Stationen des Kreuzweges installiert wurden. Oder die City-Seelsorge, 2003 ins Leben gerufen, der Seeschifffahrtstag 2004, aus dem die Idee der „Pamirkapelle“ entstand, die 2007 als nationale Gedenkstätte für die auf See gebliebenen Seeleute anerkannt wurde. Oder das Projekt „Wasserklangwelten“, die dauerhafte Installation „Lichtkreuz“ der Künstlerin Maria Moser, die Sanierung des St.-Jakobi-Turms und der Pastorenhäuser – inklusive der Freilegung historischer Wand- und Deckenmalereien, der Bau der klimafreundlichen Erdwärme-Heizung, die Entdeckung der historischen Einblattdrucke im Kastengestühl, die großes mediales Interesse erfuhren oder die Einrichtung des „Café Camino“, das seit 2019 erfolgreich von dem syrischen Ehepaar Nada Alyaghchi und Ayman Al Kassar betrieben wird.
„Mir war es immer wichtig, alle Themen einer Kirche darzustellen“, sagt Lutz Jedeck. „In dieser alten Kirche stecken so viel Tradition und Kraft, die wir versucht haben, neu zu beleben“. Dazu gehörte auch, „christliche Traditionen aufzubrechen und zeitgemäße Wege zu gehen. Sehr viele Menschen sind die Wegstrecke mit uns gegangen, dafür sind wir sehr dankbar“. Wichtig ist dem baldigen Pastor in Ruhestand auch, die Musik an der Kirche gefestigt zu haben, sodass das Wort „Musik“ nun auch im Titel „Musik- und Seefahrerkirche“ verankert ist.
Musikalische Kooperation
Die Kooperation mit der Musikhochschule geht ebenfalls auf das Konto des Pastorenpaares. „Als 2004 die A-Kirchenmusikerstelle wegfiel, entwickelten wir mit der damalige Rektorin Prof. Inge-Susann Römhild die Idee der Zusammenarbeit“, berichtet Lutz Jedeck. So stellt die MHL einen Organisten, der bei Gottesdiensten und Veranstaltungen spielt, im Gegenzug dürfen Studierende an den bedeutenden historischen Orgeln in der Kirche üben.
Das Amt des Titularorganisten an St. Jakobi hat seit 2005 Professor Arvid Gast inne, aktuell ist er auch Kirchengemeinderatsvorsitzender: „Es ist unglaublich viel passiert in den 23 Jahren, die die Jedecks an und in St. Jakobi wirkten“, sagt der Musiker. „So viele öffentlichkeitswirksame Aktionen und Kooperationen, die Einrichtung des Columbariums und der Sieben-Meere-Kapelle, die Renovierung der Großen Orgel und der Distler-Orgel samt Distlersaal, das Apfelfest ... Beide steckten ihr Herzblut einerseits in den Erhalt der Kirche und andererseits in die Weiterentwicklung des Gotteshauses und der Gemeinde.“ Nicht zu vergessen sind auch die vielen Pilger-Aktivitäten, die Gründung einer Pilgergruppe und des „Kleinen Jakob“ rund um die Altstadtinsel.
Eine andere Form des Lebens beginnt
Eines ist den Eltern vier erwachsener Söhne und drei Enkelkinder noch wichtig: Danke zu sagen, an alle, die ihren Weg begleitet haben. „Und das insbesondere unserem engsten Team, das tagtäglich mit uns zusammengearbeitet hat. Ohne euch hätten wir viele Projekte nicht umsetzen können!“, so Kathrin Jedeck. Und planen die beiden etwas für ihren Unruhestand? „Erst einmal wollen wir ankommen im neuen Alltag. Weil wir uns immer gerne zusammen mit anderen auf spirituelle Entdeckungswege machten, haben sich schon konkrete Ideen entwickelt, welche neuen Projekte auf uns warten könnten. Wir sind Pastoren geworden, weil wir an etwas glauben. Diesen Glauben hängen wir nach dem 1. April ja nicht an den Nagel. So wollen wir uns mit Freunden aus unterschiedlichen Berufskontexten zusammentun, um für uns und mit anderen an dem Thema „Zeitwohlstand“, zu arbeiten. Wir wollen nicht zu den ruhelosen Unruheständlern werden. Vielleicht können wir da auch anderen helfen. Und natürlich schauen wir auch mal, wohin uns unser Camper so fährt. Das Leben hört nicht auf – es nimmt nur eine andere Form an“.