Ein Leben für die Zeit: Der Hobby-Uhrmacher von St. Marien

Für Bernd-Christian Schmidt ist die Turmuhr von St. Marien in Sandesneben auch ein Stück Familiengeschichte. Copyright: Bastian Modrow

Sandesneben. In Sandesneben gibt es eine Uhr, die nicht nur die Zeit anzeigt, sondern auch Geschichte atmet. Es ist die Turmuhr der St. Marienkirche, ein filigranes mechanisches Wunderwerk, das seit neuestem wieder die Stunden schlägt. Dafür wurde sie im Rahmen einer Instandsetzung mit einem elektrischen Schlagwerk ausgestattet, das zwischen 7 und 22 Uhr zu jeder Stunde schlägt. 

Ein neues Schlagwerk für die Turmuhr

Für Bernd-Christian Schmidt ist diese Uhr mehr als nur ein technisches Gerät – sie ist ein Stück Familiengeschichte. Seit Generationen ist seine Familie mit der Wartung und Pflege der Turmuhr betraut. Bereits sein Ur-Ur-Großvater war Uhrmacher und überlieferte die Verantwortung für die Uhr von Generation zu Generation.

Die Turmuhr wurde ursprünglich 1877 vom Orgelbauunternehmen Philipp Furtwängler & Söhne für 975 Mark gefertigt und in den damals bestehenden hölzernen Kirchturm eingebaut. Doch schon im gleichen Jahr brach ein verheerendes Feuer aus, das den Holzturm zerstörte. Nur das Uhrwerk konnte gerettet werden, dank des mutigen Einsatzes einiger Männer, die es trotz des niederprasselnden Feuerregens aus dem brennenden Turm bargen. Kurz darauf wurde das Uhrwerk in einem kleinen Stallgebäude neben dem Alten Pastorat untergebracht und schließlich an der Ostseite der Kirche wieder eingebaut. Erst 1906 fand die Uhr ihren endgültigen Platz im neu erbauten Kirchturm, wo sie bis heute tickt.

Bewegte Geschichte einer Kirchturmuhr

Die Turmuhr von St. Marien hat im Laufe der Jahre viele Veränderungen erlebt. Eine der markantesten fand Ende der 1960er-Jahre statt, als die ursprünglichen Zeiger durch Aluminiumzeiger ersetzt wurden. „Die alten Zeiger waren verrostet und teilweise zerstört“, berichtet der 71-Jährige. Die neuen Zeiger, die von Bernd-Christians Vater, Hermann Schmidt, angefertigt wurden, wurden von Malermeister Hermann Hassler aus Schönberg vergoldet. Einige Dorfbewohner sehen in der Form der Zeiger ein Schwert, vielleicht als Symbol für das Schwert des Erzengels Gabriel. Doch die Realität ist weniger mystisch: Die Form der Zeiger entstammt einem Katalog für Taschenuhrenersatzteile und wurde einfach auf die Größe der Turmuhr übertragen.