Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Ein Jahr ForuM-Studie: Sensibilität und Prävention gestärkt

Janina Timmermann, Leiterin der Präventionsstelle des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. Copyright: Bastian Modrow

Lübeck/Ratzeburg. Vor einem Jahr wurde die ForuM-Studie veröffentlicht, die sich intensiv mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche auseinandersetzt. Eine erste Bilanz aus dem Kirchenkreis nach zwölf Monaten. 

„Die Ergebnisse der ForuM-Studie waren und sind hilfreich für unsere tägliche Arbeit in den Kirchengemeinden und im Kirchenkreis“, erklärt Petra Kallies, Pröpstin des Kirchenkreises. „Notwendige Maßnahmen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt zu treffen, das hat uns bereits lange vor der Veröffentlichung der Studie beschäftigt. ForuM hat unsere Sensibilität und Aufmerksamkeit aber noch einmal erhöht. Das ist gut und auch notwendig. Für jedwede Form von Gewalt ist kein Raum in unserer Kirche. Mehr und mehr Gemeinden haben individuelle Schutzkonzepte entwickelt oder arbeiten intensiv daran.“

Pröpstin: Kein Platz für Gewalt 

Das Präventionsgesetz der Nordkirche gibt klare Vorgaben, wie mit Vermutungen sexualisierter Gewalt umzugehen ist. „Wir bieten Hilfe und Unterstützung an, wir reagieren und ziehen notwendige Konsequenzen“, sagt Kallies, die auch Vorsitzende des Kirchenkreisrats ist. Aufgabe der Kirchengemeinden ist es, individuelle Schutzkonzepte zu erarbeiten. Diese Konzepte sollen präventive Maßnahmen etablieren und eine frühzeitige Intervention zum Schutz (potenziell) Betroffener ermöglichen. Der Fachbereich ist 2024 personell verstärkt worden: Jessica Kock verstärkt die Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. Die Erziehungswissenschaftlerin wird die Kirchengemeinden in beiden Propsteien unterstützen, Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt zu entwickeln.

Janina Timmermann, Leiterin der Präventionsstelle des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, hebt hervor, was die ForuM-Studie bewirkt hat: „Auf der Ebene des Kirchenkreises waren seitdem im Wesentlichen vermehrte Beratungsanfragen, zum Beispiel aus Kirchengemeinden, zu bemerken. Es gibt eine erhöhte Sensibilität für die Notwendigkeit, hinzusehen und sich darum zu kümmern, wenn es ein seltsames Gefühl gibt. Da gibt es ein verstärktes Bewusstsein dafür, dass wir eine Verantwortung haben, hinzusehen.“

Schutzkonzeptarbeit in den Gemeinden

Die Schutzkonzepte werden gemeinsam mit Haupt- und Ehrenamtlichen in den Gemeinden entwickelt. Dabei stehen Prävention und Intervention gleichermaßen im Fokus. Ziel ist es, Maßnahmen zu beschließen, die ein Hinsehen regelhaft etablieren. Zum Beispiel gehört die Erarbeitung eines Beschwerdeverfahrens zum Schutzprozess. Die Gemeinden müssen hierfür entscheiden worüber man sich beschweren kann in der Gemeinde und wie den Beschwerden nachgegangen wird. 

„In der Intervention geht es darum, Ansprechstellen und Hilfsangebote aufzuzeigen“, erklärt Timmermann. „Welche Schritte sind zu gehen, wenn es eine Vermutung gibt? Unser Präventionsgesetz schreibt eine Meldepflicht vor. Es geht darum, aufzuklären: Was ist unsere Pflicht in dieser Kirchengemeinde, wenn wir von Vorfällen erfahren, etwas sehen oder uns etwas komisch vorkommt?“

Unterstützung und Anerkennung für Betroffene

Ein zentrales Anliegen sei es, Betroffene von sexualisierter Gewalt zu unterstützen, so Timmermann weiter: „Mir ist es vor allem wichtig, dass Menschen, die von dieser Form von Gewalt betroffen waren oder sind, auf Strukturen treffen, in denen sie Ansprechpersonen finden, die ihnen glauben, sie unterstützen und helfen, diese Form von Gewalt sofort zu unterbinden. Ebenso wichtig ist es, dass ihr Leid anerkannt wird und die Schuld klar verortet wird – und zwar nicht bei ihnen.“

Ein ausführliches Gespräch mit Janina Timmermann und Petra Kallies gibt es in unserem Podcast “Mein Gott, warum Kirche?”, abrufbar auf allen Streaming-Portalen sowie bei YouTube

Ansprechstellen:

Unabhängige Ansprechstelle für Menschen, die in der Nordkirche sexuelle Übergriffe erlebt oder davon erfahren haben (UNA) 
Telefon: 0800/ 022 00 99 (anonym und kostenfrei) 
Mail: una@wendepunkt-ev.de www.wendepunkt-ev.de/una 

Hilfetelefon sexueller Missbrauch 
Das Hilfe-Telefon berät anonym, kostenfrei und mehrsprachig. Telefonzeiten Mo., Mi., Fr.: 9-14.00 Uhr und Di, Do: 15-20 Uhr
Telefon: 0800 - 22 55 53 0 

Vernetzungsplattform für Betroffene von Betroffenen BeNe: https://betroffenen-netzwerk.de/ 
Weitere Ansprechstellen und Beratungsmöglichkeiten: https://www.kirche-ll.de/praevention/...