Liebe Aumühlerinnen und Aumühler, liebe Menschen der Sachsenwald-Region,
endlich Sommer! Gesehnt habe ich mich nach ihm, wie lange nicht mehr. Nach Sommer und Sonne. Wir Nordeuropäer tanken ja viel zu wenig Sonne. Dabei ist Vitamin D so wichtig, für Gesundheit und für gute Laune. Noch etwas ist gut für Gesundheit und gute Laune: Singen. Und wenn dann noch beides zusammenkommt – Sommer und Singen – dann kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen. Ein Lied singe ich im Sommer besonders gern: „Geh aus, mein Herz und suche Freud“. Da bin ich in guter Gesellschaft, denn das Lied ist bis heute Publikumsliebling. In allen landeskirchlichen Regionalteilen der Gesangbücher ist Paul Gerhardt mit vielen Liedern zu finden, fast so viel wie Martin Luther. „Geh aus, mein Herz“ ist dabei besonders beliebt. Auf Taufen, Trauungen und sogar zu Beerdigungen wird es gern gesungen. Und sicher nicht nur dann. Woran liegt es, dass dieses doch recht alte Lied immer noch so aktuell ist? Ganz einfach: seine Zeilen gehen ins Herz. Mit seiner schlichten und gleichzeitig tiefen Frömmigkeit spricht uns Paul Gerhardt an. Hinter seiner Frömmigkeit steht Erfahrung. Sein Vater starb als er zwölf war, seine Mutter zwei Jahre später. Danach Waisenhaus mit strengem Tagesablauf. Und trotzdem diese Leichtigkeit und Zuversicht, dies Vertrauen: „Geh aus, mein Herz und suche Freud!“ Ich wünsche mir solche Leichtigkeit, so ein Vertrauen. Vertrauen und Leichtigkeit, beides finde ich in der Natur. Da bin ich Gott nahe. In die Natur zu gehen, das macht guten Mut, und es ist gesund. Gerade im Sommer zieht es mich in die Natur. Da staune ich über das satte Grün und die bunte Blumenpracht. Gerhard blickt vom Werden und Vergehen der Natur auf unser Leben, das eben auch Wachsen und Werden und Vergehen bedeutet. Vom irdischen Garten schwenkt er zum himmlischen Garten. Hin zum göttlichen Gärtner, der mein Leben ordnet, ihm Sinn und Ziel gibt. Der mich ernährt und großzieht, mir Leben gibt zum Wachsen, Entwickeln und Gedeihen. Gerhardt holt das himmlische Vertrauen in den inneren Garten meines Herzens. In den inneren Raum, das Paradies, das von Gott gehegt und gepflegt wird, egal, ob Sommer oder Winter. Egal auch, ob mir nun gerade zum Singen zumute ist, oder nicht. So hat Gerhard selbst es erfahren. Von dem frühen Tod der Eltern habe ich erzählt. Dann war da der 30-jährige Krieg. Kein Sommer. Kein Werden, nur Vergehen. Zerstörte Paradiese. Und doch dies Vertrauen. So ein Vertrauen gibt Paul Gerhardt seinem einzigen Sohn weiter, in seinem 70. Lebensjahr. Es sollte sein letztes sein: „Bete fleißig, studiere was ehrliches, lebe friedlich, diene redlich, und bleibe in deinem Glauben und Bekenntnis beständig, so wirst du einmal auch sterben und von dieser Welt scheiden willig, fröhlich und seliglich.“
Diese Stärke, dieses Vertrauen, geht von Paul Gerhardts Liedern aus. Das hat Menschen zu allen Zeiten geholfen. Sommer im Herzen zu behalten, auch im härtesten Winter. Vertrauen im Angesicht von Vergehen. Ich denke an Dietrich Bonhoeffer, den Pastor und Widerstandskämpfer. Im Gefängnis, kurz nach seiner Verhaftung, schreibt er: „Dagegen ist es gut, Paul Gerard Lieder zu lesen und auswendig zu lernen, wie ich es jetzt tue.“ Und am 21. Juli 1944, am Tag nach dem fehlgeschlagenen Hitler-Attentat, dies: „(…) man kehrt zu den schönen Paul Gerhardt Liedern zurück und ist froh über diesen Besitz.“
Das wünsche ich dir: Dass du in und über der Natur das göttliche Paradies findest. Die Sorglosigkeit, das Vertrauen: Ich werde begleitet, ernährt von Gott, meinem himmlischen Vater. Ich bin stark durch diese Liebe. Und einmal werde ich in Gottes ewigem Garten Ruhe finden. Und deshalb kann ich hier fröhlich und frei sein. Mich in die Sonne stellen und singen: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; Schau an der schönen Gärten Zier, und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.“
Einen gesegneten Sommer, Ihr und Euer Pastor Christoffer Sach