Lübeck. Das war der bunteste Tag des Jahres in Lübeck: Tausende Menschen feierten unter dem Motto #FARBENbekennen den Christopher-Street-Day in der Hansestadt.
Bereits seit Tagen wurden in der Stadt mehr und mehr bunte Flaggen gehisst. Offizieller Startpunkt des CSD 2024 war der ökumenische Gottesdienst am Freitagabend in St. Marien. “Ein Gottesdienst, in dem Mut und Stärkung im MIttelpunkt standen”, berichtete die Lübecker Pastorin Anne Müller. Bei vielen Teilnehmenden haben Ereignisse wie zuletzt in Bautzen oder Neubrandenburg, wo es zu Übergriffen auf queere Menschen gekommen ist, Spuren hinterlassen.
#FARBENbekennen in Lübeck
Umso kraftspendender dürfte die hohe Beteiligung am Sonnabend für viele gewesen sein. Bereits seit dem Vormittag tummelten sich hunderte Menschen an den Aktionsständen auf dem Markt. Am Mittag begann die Demonstration durch die Altstadt. Die Polizei zählte mehr als 2700 Teilnehmende, die lautstark, fröhlich und bunt für die Akzeptanz und die Rechte queer lebender Menschen demonstrierten.
Pröpstin Petra Kallies: "Es freut mich, dass viele Leute bei der Demonstration bei der Parade mitlaufen, die nicht zur LSBTIQ*-Community gehören. Sie möchten damit zeigen, dass sie hinter der Community stehen. Dass es ihnen genauso wichtig ist, dass die sexuelle Identität keinen Einfluss darauf haben darf, ob Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können oder nicht.“
Zur Wahrheit gehöre laut Petra Kallies aber auch, "dass es immer wieder Fälle gibt, und leider nehmen diese gerade wieder zu, wo queere Paare verbal attackiert oder körperlich angegriffen, bedroht oder zusammen geschlagen werden. Wenn mancherorts CSD-Paraden, wie jüngst in Bautzen, nur unter massiven Polizeischutz stattfinden können. Rechtsextremismus hat viele hässliche Gesichter: Homophobie ist eins davon. So lange nicht alle Lebensformen gleichermaßen akzeptiert sind, müssen wir weiter auf das Thema öffentlich, bunt, laut und politisch aufmerksam machen. In Lübeck, in Deutschland und überall auf der Welt.“
Ein Höhepunkt des CSD 2024 in Lübeck war wieder einmal die Segensaktion in St. Marien. Ohne Voranmeldung konnten sich die Besuchenden einen Segen als Stärkung abholen. Einige wünschten sich eine Bestärkung der Liebe vor Gott und hatten sogar ihre Familien und Freunde mitgebracht. Andere erhofften sich durch die Segnung Kraft für beschwerliche Lebenssituationen. Wie in den vergangene Jahren konnten sich auch diesmal Paare, die bereits standesamtlich geheiratet hatten, spontan trauen lassen.
Segen, Segen, Segen
Unter dem Motto „Endlich ich!“ bot das Team von Seelsorgenden Transitionssegen an. „Die Transition gehört zu den einschneidendsten Prozessen, die ein Mensch und sein Umfeld durchmachen können. Outing, Namensänderung, eine anstehende Operation - egal, in welcher Phase dieses aufreibenden Prozesses sich Teilnehmende des CSD befinden, wir haben Trans-Menschen mit einem individuellen Segensritual gestärkt", betonte das Pastor:innen-Team.
Thorsten, Danny und ihr Sonnenschein
Unter den Teilnehmenden der Segensaktion: Thorsten und Danny. Das verheiratete Paar war gemeinsam mit seiner kleinen Tochter nach St. Marien gekommen, um sich als Familie Gottes Segen zusprechen zu lassen. „Wir sind beide gläubige Menschen und finden die Idee wunderschön“, sagten die beiden. Besonders dankbar seien sie, dass sich ihr größter Wunsch, ein gemeinsames Kind zu haben, durch die Adoption ihres „Sonnenscheins“ im vergangenen Jahr erfüllt habe. Pastorin Lilly Schaack fand in der kleinen Zeremonie für die drei die passenden Worte: „Euer Glück ist nicht selbstverständlich, da hatte jemand seine Hände im Spiel.“ Gemeinsam wurde eine Segenskerze - dekoriert mit einem Regenboden und drei Herzen - entzündet.