Lübeck. In einem alten Feuerwehr-Gerätehaus betreibt die Kirchengemeinde Kücknitz eine Ausprobierwerkstatt für die Menschen im Stadtteil. Das Projekt lebt vom Engagement vieler junger Ehrenamtlicher.
Ein Nachmittag für Kreativität und Gemeinschaft
Line Seidler steht an einem Werktisch, misst mit einem Zollstock einen Nistkasten ab, markiert mit einem Bleistift Holzstücke und schneidet diese mit einer Stichsäge zurecht. "Der Nistkasten ist eine Sache, die wir häufig bauen. Das kann man gut an einem Nachmittag schaffen", sagt Marvin Sadlowski, der Leiter der Ausprobierwerkstatt in Kücknitz. "Und es ist ein super Projekt, um zu sehen, was die Jugendlichen schon können", fügt Line Seidler hinzu - zum Beispiel sei dafür ein gutes räumliches Verständnis nötig.
Alte Fahrad-Felgen, leere Blechdosen, Holzplanken und Schilfrohre - an Material fehlt es nicht in der Ausprobierwerkstatt. Dazu gibt es eine professionelle Werkbank mit ensprechender Ausstattung, Werkzeuge aller Art - hier kann man jederzeit mit der Arbeit beginnen. Dass es sich um ein Angebot der Kirche handelt, erkennt man auch am Kreuz aus Schraubenschlüsseln, das über der Werkbank an der Wand hängt.
Auto-Reparaturen, Öl- und Reifenwechsel
Jede Woche donnerstags von 16 bis 18 Uhr verwandelt sich das alte Feuerwehr-Gerätehaus in Kücknitz zu einem Treffpunkt für alle, die Lust haben, sich handwerklich auszuprobieren. Hier entstehen nicht nur Nistkästen und Insektenhotels, sondern es werden auch größere Projekte umgesetzt. So ist hier eine Holzbank für die "Kinderhansestadt" in Lübeck entstanden und auch eine Fadenziehmaschine für das Jugendpfarramt. Natürlich kann man auch Fahrräder und Mofas reparieren und Öl oder Reifen wechseln. "Hier kann man sich sogar sein Auto mal von unten ansehen, dafür haben wir extra eine Grube", sagt Line und zeigt auf die mit Gittern überdeckte Vertiefung im Boden.
"Wir lernen hier voneinander!"
"Wir sind alle keine Handwerker, aber jeder bringt schon Geschick mit", sagt Claes Seidler, der schon seit vielen Jahren zum ehrenamtlichen Team der Werkstatt gehört. "Wir fahren das Prinzip, dass wir voneinander lernen und wir fragen auch ältere Menschen, die hier herkommen um Hilfe." Zur Zeit haben sich die Jugendlichen und das Team den alten Raum über der Werkstatt vorgenommen. Hier soll ein Jugendtreff entstehen. Gemeinsam wurde der Teppich rausgerissen und ein neuer Boden ausgesucht, bald geht es an die Inneneinrichtung. Der 13-jährige Finn ist oft in der Werkstatt: "Ich habe schon Schleifen, Sägen und Bohren gelernt. Es ist toll, dass man hier einfach vieles ausprobieren kann. Ich baue hier oft Spielzeuge für meinen kleinen Bruder."
Ein Raum zum Löten, Schweißen, Sägen
Dass aus der ehemaligen Fahrradwerkstatt, die 2017 ursprünglich als reines Jungs-Projekt gegründet wurde, eine Ausprobierwerkstatt für alle wurde, hatte auch mit einer veränderten Nachfrage zu tun, erzählt Claes. "Es kamen zunehmend Leute, die auch andere Dinge reparieren wollten. Und es kamen Jugendliche, die was machen wollten, aber noch keine konkrete Idee hatten. Das Grundkonzept ist ja, dass man mit eigenen Ideen kommt. Wir haben uns dann aber einige Anstöße überlegt. Meistens fangen wir mit Holzarbeiten an." Jede Woche kommen etwa sechs bis acht Leute zum Mitmachen vorbei. Das Projekt lebt zur Zeit von einer finanziellen Unterstützung durch die Sparkassenstiftung, durch Mittel aus der Gemeinde, sowie Spenden der Firma Habotec.
Innerhalb der Gemeinde ist die Werkstatt sehr gut vernetzt. "Von der Seniorenbegegnungstätte nebenan bekommen wir immer Kuchen vorbeigebracht. Wir haben hier ein schönes Miteinander", erzählt Line. Seit kurzem hat das Team auch einen eigenen Instagram-Account, auf dem es seine Projekte dokumentiert.
Ab dem 31. August 2023 startet die Werkstatt wieder mit ihren regelmäßigen Terminen donnerstags von 16 bis 18 Uhr im alten Feuerwehrgerätehaus (Ecke Dummersdorfer Str./ Vorderste Fichteln, Lübeck).
Auf Instagram ist die Werkstatt unter @ausprobierwerkstatt zu finden.