Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Eine neue Stiftung für Lübecks Weltkulturerbe

Joachim Gauck, Bundespräsident a. D., wird Schirmherr der Stiftung 7Türme+ . Copyright: Oliver Beck

Lübeck. Schulterschluss für das UNESCO Weltkulturerbe: In Lübeck soll eine neue Stiftung gegründet werden, um die fünf Altstadtkirchen als weltbekannte Silhouette der Hansestadt dauerhaft zu erhalten. Altbundespräsident Joachim Gauck wird die Schirmherrschaft der in Gründung befindlichen Stiftung 7Türme+ übernehmen. 

Joachim Gauck wird Schirmherr

Joachim Gauck betont seine tiefe Verbundenheit mit Lübeck und seinem entschiedenen Engagement für den Schutz der Altstadtkirchen. „Ich übernehme die Schirmherrschaft für 7Türme+ gern – und nicht nur aus norddeutscher Verbundenheit von Hansestadt zu Hansestadt, sondern weil mich als Bürger, wie als ehemaliger Bundespräsident fasziniert, wenn Menschen, Einzelpersonen, Stiftungen, öffentliche Stellen, politisch engagierte Menschen und Menschen aus den Kirchen zusammen ein großes Werk schaffen.“

Er betont die Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement und lobt die über viele Jahre mit Herzblut geführte Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“. „Wenn ich jetzt die Schirmherrschaft für 7Türme+ übernehme, dann tue ich das, weil mich auch die Aktivität der Förderkampagne beeindruckt hat“, sagte Joachim Gauck. „Es ist der Kampagne gelungen, Bürger mit Herz und Verstand zu gewinnen: Das ist unsere Stadt, das ist Weltkulturerbe und unsere Heimat – und dafür fühlen wir uns auch verantwortlich.“

Possehl-Stiftung unterstützt Gründung

Die Possehl-Stiftung begrüßt die Gründung der „7Türme+“-Stiftung. Sie hat daher beschlossen, diese Initiative unter dem Titel „7 Türme – 7 Jahre – 7 Millionen Euro“ langfristig zu fördern. Die Nordkirche und der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg hoffen jetzt, auch die Hansestadt Lübeck und das Land Schleswig-Holstein als Unterstützer gewinnen zu können. Und: Weitere Finanz- und Fördermittel sind dringend notwendig, um akute Sanierungsarbeiten durchführen zu können.

23 Millionen Euro werden in den kommenden Jahren für die Sanierung der Türme des Doms benötigt. Weitere 30 Millionen Euro müssen in längst überfällige Baumaßnahmen in St. Marien investiert werden. „An der Kampagne ,Sieben Türme will ich sehen’ beteiligen sich bereits unglaublich viele Leute mit großen und kleinen Beträgen. Das ist unglaublich toll“, sagt Lübecks Pröpstin Petra Kallies. Mehr als eine Million Euro konnten bislang gesammelt werden.     Aber: „Diese Aufgabe der Instandhaltung der Kirchen mit ihren Türmen ist eine Ewigkeitsaufgabe mit Dimensionen, die wir als Kirche allein nicht mehr stemmen können.“

Dringende Arbeiten am Dom und an St. Marien

Ein Beispiel: Die dringend erforderlichen Sanierungsarbeiten am Dom zu Lübeck unterstützt der Kirchenkreis aktuell mit rund 1,2 Millionen Euro. Die Kirchengemeinde steuert 600 000 Euro bei. Für die Baumaßnahmen in St. Marien hat der Kirchenkreisrat 1,5 Millionen Euro bewilligt. Die Kirchengemeinde erbringt einen Eigenanteil von 1,2 Millionen Euro. Unterm Strich fehlen dennoch für beide Projekte Finanzmittel in Höhe von rund 9,2 Millionen Euro (rund zwei Millionen Euro für den Dom und 7,2 Millionen Euro für St. Marien).  „Hier benötigen wir dringend weitere finanzielle Unterstützung - durch Spenden, aber auch durch das Land beispielsweise durch Förderungen aus Landes- oder EU-Mitteln“, sagt Pröpstin Petra Kallies. „Weder die Kirchensteuern, noch die Patronatsmittel des Landes, die wir gemäß dem Staats-Kirchenvertrag Schleswig-Holstein bekommen, reichen, um nur einen Teil dieser Maßnahmen zu finanzieren.“

Die zukünftige Lösung soll die Gründung der Stiftung 7Türme+ sein. Das Ziel laut Satzungsentwurf: „Zweck der Stiftung ist der langfristige Erhalt des baulichen Weltkulturerbes der Lübecker Innenstadtkirchen St. Aegidien, Dom zu Lübeck, St. Jakobi, St. Marien und St. Petri (Lübecker Innenstadtkirchen) als herausragende Zeugnisse der Lübecker Geschichte und der mittelalterlichen Gotik im Ostseeraum, sowie als Orte vielfältiger gottesdienstlicher Begegnungen, kultureller Veranstaltungen und der Kirchenmusik.“ Pröpstin Petra Kallies: „Es geht hier nicht nur um Religion, es geht um den Erhalt unserer gemeinsamen Kultur. Es geht darum, das Erbe der Vergangenheit zu erhalten für die kommenden Generationen.“

„Da sollten wir alle mitmachen!“

Für Max Schön, Vorstandsvorsitzender der Possehl-Stiftung, ist es nicht allein Aufgabe der Kirchenmitglieder, die Gebäude zu erhalten. „Da sollten wir alle mitmachen – alle Bürger:innen, der Staat, die Gemeinde, das Land, die Stiftungen, Unternehmen, die Kirche. Was wir tatsächlich brauchen, ist ein Gemeinschaftswerk.“ Die sieben Türme der fünf Lübecker Altstadtkirchen prägen das UNESCO-Weltkulturerbe, seien das vertraute Erkennungszeichen der Stadt, symbolisierten für sehr viele Menschen „ein Stück Zuhause“. Seit Gründung der Possehl-Stiftung sei es zentrale Aufgabe, „das ‚schöne Bild der Stadt‘ zu erhalten. „Dafür wurden in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 55 Millionen Euro ausgegeben“, so Schön. „Jetzt investiert die Possehl-Stiftung sieben Millionen Euro in den nächsten sieben Jahren, für den langfristigen Erhalt unserer wunderschönen Altstadtsilhouette. Wir rufen alle auf, sich ebenfalls zu beteiligen – jeder Beitrag zählt! Diese Stiftung für das dauerhafte Einwerben von Baugeldern ins Leben zu rufen, empfinden wir als den genau richtigen Schritt.“

Im ersten Quartal 2024 könnte mit einer staatlichen Anerkennung der Stiftung gerechnet werden und die gemeinnützige bürgerlich-rechtliche Verbrauchsstiftung mit Grundstockvermögen ihre Arbeit aufnehmen. Hauptaufgabe wird dann die Akquise von Finanzmitteln („Fundraising“) sein. Dafür sollen hauptamtlich Mitarbeitende eingestellt werden.

Als Stifter stehen bislang die Nordkirche, der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg sowie die Kirchengemeinden der Lübecker Innenstadt fest. Bei einem Informationsabend im Dom zu Lübeck signalisierten potenzielle Geldgeber Interesse, sich ebenfalls kurzfristig entweder als Stifter oder konkret finanziell in die Baumaßnahmen einzubringen. In mehreren Stiftungen stehen in den kommenden Wochen Vorstandsberatungen an. Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck berät im Oktober über ihr geplantes Engagement. Jan Lindenau, Bürgermeister und Schirmherr der Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“, ruft zur Beteiligung auf: „Ich engagiere mich persönlich, dass die sieben Türme als unsere prägende Silhouette erhalten bleiben. Es ist jetzt wichtig, dass wir alle miteinander dabei sind und helfen, die geplante Stiftung 7Türme+ tatkräftig zu unterstützen.“

„Es geht nicht um den bloßen Erhalt von Kirchen, sondern um die Sicherung des Lübecker Weltkulturerbes, eines Wahrzeichens in Schleswig-Holstein von internationaler Bedeutung“, bekräftigen Tim Klüssendorf (SPD) und Bruno Hönel (Grüne). Die Lübecker Bundestagsabgeordneten warben erfolgreich aus dem Bundeshaushalt Mittel in Höhe von 6,5 Millionen Euro für die Dom-Türme ein. Bereits zuvor wurden 14 Millionen Euro für St. Marien zu Lübeck vom Bund zur Verfügung gestellt. Beide versichern: „Wir werden weiter nach unseren Möglichkeiten unterstützen und setzen darauf, dass sich mittelfristig auch das Land angemessen beteiligt.“

Titus Jochen Heldt, Vorstandsvorsitzender der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck sagt: „Der Erhalt des kulturellen Erbes unserer Stadt ist eine wichtige Säule unserer Stiftungsarbeit. Die Lübecker Kirchen und insbesondere die Sieben Türme sind wesentlich für die Identität unserer Stadt. Die Gemeinnützige Sparkassenstiftung fördert seit Beginn ihrer Arbeit im Jahr 2004 Sanierungsmaßnahmen sowie die kulturelle und soziale Arbeit innerhalb der Kirchengemeinden mit jährlichen Etats. An diesem Engagement werden wir auch in Zukunft festhalten.“

Bischöfin Kirsten Fehrs lobt das Engagement

Kirsten Fehrs, Bischöfin für den Sprengel Hamburg und Lübeck bei der Nordkirche, lobt das Engagement, Kräfte und Mittel zu bündeln. „Diese Herausforderung kann nur gelingen, wenn wir alle gemeinsam, Seite an Seite, daran mitwirken“, betont sie. Und: „Auch bei der Landesregierung stoßen wir auf positive Resonanz und dürfen uns Hoffnung machen, dass sich Schleswig-Holstein an dieser Ewigkeitsaufgabe beteiligen wird.“ Die bisher zugesagten finanziellen Mittel würden nicht ausreichen, so viel sei sicher. Bischöfin Fehrs: „Es ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Oder können Sie sich vorstellen, dass Lübeck demnächst nur noch ,Stadt der sechs (oder weniger) Türme’ genannt wird?

So können Sie helfen

Spendenkonto
„7Türme+“

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Bank: Evangelische Bank